Mich Nahbeziehen - Lann Hornscheidt


Freitag, 1. Juni 2018, 19:00 Uhr

Weder Paar noch Single: «Sich nahbeziehen»

Lann Hornscheidt im Gespräch mit Donat Blum

Inwiefern unterscheiden sich «Nahbeziehungen» von der geläufigeren «Polyamorie», inwiefern ist der Begriff politisch und welche Rolle kommt dabei der Sexualität zu oder in den Worten von Hornscheidt: dem «körper_n»?

Lann Hornscheidt diskutiert mit Donat Blum, Autor und Herausgeber der Literaturzeitschrift «Glitter», das Konzept hinter «Sich Nahbeziehen». Zur Beginn der Veranstaltung wird Lann Hornscheidt einen längeren Auszug des Essays «Mich Nahbeziehen» vortragen.

Begegnet sind sich der Autor Donat Blum und Prof. Dr. Ecs Lann Hornscheidt in einer Textwerkstatt. Hornscheidt war zur kritischen Besprechung von Blums Romanmanuskript eingeladen. Der gemeinsame Nenner: «Nahbeziehungen». Eine Wortschöpfung, die Hornscheidt beliläufig in einem Interview in «Die Zeit» platziert und Blum zur Einladung bewegt hatte. Aus der Begegnung ist Hornscheidts Essay «Sich nahbeziehen» entstanden, das Blum in der «Gala der Literaturzeitschriften – Glitter» veröffentlicht hat. Hornscheidt hat das Essay mittlerweile zu dem Buch «Zu Lieben / Kapitalismus Entlieben» weiterentwickelt – das mit dieser Veranstaltung sein Erscheinen feiern wird.




Mich Nahbeziehen

Von Lann Hornscheidt

(Auszug Essay)

(...) Gerade ist zum Beispiel Ke hier, zusammen mit einer mir neuen Person, auf die Ke sich schon länger nahbezieht und die ansonsten in Madrid lebt. Sie verbringen eine Woche zusammen hier in unserem Haus am See, wodurch ich diese für Ke so wichtige Person auch etwas kennenlernen kann. Wenn wir alle nach dem Aufstehen unsere verschiedenen Morgenroutinen genossen haben — vom Aufschreiben nächtlicher Träume und ersten schönen Worten, über Yoga im Garten, Qigong am Seeufer und Laufen im Wald, bis zu Tee aus frischgepflückten Kräutern in den ersten Sonnenstrahlen auf den Stufen vor dem Haus — treffen wir uns, um gemeinsam schwimmen zu gehen und dann zusammen zu frühstücken und Traumwolken und Teeduft miteinander zu teilen bei Gesprächen über heißem Brei mit Himbeeren. Eine Idylle, ich weiß. Auch abends essen wir häufig zusammen, nachdem wir tagsüber unterschiedliche Wege ausprobiert und gestaltet haben und spielen dann noch Spiele bis weit nach der Zeit, zu der wir eigentlich hätten schlafen gehen wollen. Noch später, auf den Matratzen auf der Veranda mit Blick in den Sternenhimmel, plaudern Ke und ich über die Romane, die wir gerade gelesen haben, und wie sie uns berühren und inspirieren, erzählen uns improvisierte Tier- und Keksge- schichten oder erfinden Ratespiele, die wir ausprobieren, bis wir erschöpft einschlafen. (...)